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a. Die fürstliche Gewalt
§ 275
Die fürstliche Gewalt enthält selbst die drei Momente der Totalität in sich (§ 272), die Allgemeinheit der Verfassung und der Gesetze, die Beratung als Beziehung des Besonderen auf das Allgemeine, und das Moment der letzten Entscheidung als der Selbstbestimmung, in welche alles Übrige zurückgeht und wovon es den Anfang der Wirklichkeit nimmt. Dieses absolute Selbstbestimmen macht das unterscheidende Prinzip der fürstlichen Gewalt als solcher aus, welches zuerst zu entwickeln ist.
Zusatz. Wir fangen mit der fürstlichen Gewalt, das heißt mit dem Momente der Einzelheit an, denn diese enthält die drei Momente des Staats als eine Totalität in sich. Ich ist nämlich zugleich das Einzelnste und das Allgemeinste. In der Natur ist auch zunächst ein Einzelnes, aber die Realität, die Nicht-Idealität, das Außereinander, ist nicht das Beisichseiende, sondern die verschiedenen Einzelheiten bestehen nebeneinander. Im Geiste ist dagegen alles Verschiedene nur als Ideelles und als eine Einheit. Der Staat ist so als Geistiges die Auslegung aller seiner Momente, aber die Einzelheit ist zugleich die Seelenhaftigkeit und das belebende Prinzip, die Souveränität, die alle Unterschiede in sich enthält.
§ 276
1. Die Grundbestimmung des politischen Staats ist die substantielle Einheit als Idealität seiner Momente, in welcher αa) die besonderen Gewalten und Geschäfte desselben ebenso aufgelöst als erhalten und nur so erhalten sind, als sie keine unabhängige, sondern allein eine solche und so weitgehende Berechtigung haben, als in der Idee des Ganzen bestimmt ist, von seiner Macht ausgehen und flüssige Glieder desselben als ihres einfachen Selbsts sind.
Zusatz. Mit dieser Idealität der Momente ist es wie mit dem Leben im organischen Körper: es ist in jedem Punkte, es gibt nur ein Leben in allen Punkten, und es ist kein Widerstand dagegen. Getrennt davon ist jeder Punkt tot. Dies ist auch die Idealität aller einzelnen Stände, Gewalten und Korporationen, so sehr sie auch den Trieb haben, zu bestehen und für sich zu sein. Es ist damit wie mit dem Magen im Organischen, der sich auch für sich setzt, aber zugleich aufgehoben und sakrifiziert wird und in das Ganze übergeht.
§ 277
β) Die besonderen Geschäfte und Wirksamkeiten des Staats sind als die wesentlichen Momente desselben ihm eigen und an die Individuen, durch welche sie gehandhabt und betätigt werden, nicht nach deren unmittelbarer Persönlichkeit, sondern nur nach ihren allgemeinen und objektiven Qualitäten geknüpft und daher mit der besonderen Persönlichkeit als solcher äußerlicher- und zufälligerweise verbunden. Die Staatsgeschäfte und Gewalten können daher nicht Privateigentum sein.
Zusatz. Die Wirksamkeit des Staats ist an Individuen geknüpft; sie sind aber nicht durch ihre natürliche Weise berechtigt, die Geschäfte zu besorgen, sondern nach ihrer objektiven Qualität. Fähigkeit, Geschicklichkeit, Charakter gehört zur Besonderheit des Individuums: es muß erzogen und zu einem besonderen Geschäfte gebildet sein. Daher kann ein Amt weder verkauft noch vererbt werden. In Frankreich waren die Parlamentsstellen ehemals verkäuflich, in der englischen Armee sind es die Offiziersstellen bis zu einem gewissen Grade noch heute, aber dies hing oder hängt noch mit der mittelalterlichen Verfassung gewisser Staaten zusammen, die jetzt allmählich im Verschwinden ist.
§ 278
Diese beiden Bestimmungen, daß die besonderen Geschäfte und Gewalten des Staats weder für sich noch in dem besonderen Willen von Individuen selbständig und fest sind, sondern in der Einheit des Staats als ihrem einfachen Selbst ihre letzte Wurzel haben, macht die Souveränität des Staats aus.
Dies ist die Souveränität nach innen; sie hat noch eine andere Seite, die nach außen (s. unten). - In der ehemaligen Feudalmonarchie war der Staat wohl nach außen, aber nach innen war nicht etwa nur der Monarch nicht, sondern der Staat nicht souverän. Teils waren (vgl. § 273 Anm.) die besonderen Geschäfte und Gewalten des Staats und der bürgerlichen Gesellschaft in unabhängigen Korporationen und Gemeinden verfaßt, das Ganze daher mehr ein Aggregat als ein Organismus, teils waren sie Privateigentum von Individuen und damit, was von denselben in Rücksicht auf das Ganze getan werden sollte, in deren Meinung und Belieben gestellt. - Der Idealismus, der die Souveränität ausmacht, ist dieselbe Bestimmung, nach welcher im animalischen Organismus die sogenannten Teile desselben nicht Teile, sondern Glieder, organische Momente sind und deren Isolieren und Für-sich-Bestehen die Krankheit ist (s. Enzyklop. der philos. Wissensch. § 293), dasselbe Prinzip, das im abstrakten Begriffe des Willens (s. folg. § Anm.) als die sich auf sich beziehende Negativität und damit zur Einzelheit sich bestimmende Allgemeinheit vorkam (§ 7), in welcher alle Besonderheit und Bestimmtheit eine aufgehobene ist, der absolute sich selbst bestimmende Grund; um sie zu fassen, muß man überhaupt den Begriff dessen, was die Substanz und die wahrhafte Subjektivität des Begriffes ist, innehaben. - Weil die Souveränität die Idealität aller besonderen Berechtigung ist, so liegt der Mißverstand nahe, der auch sehr gewöhnlich ist, sie für bloße Macht und leere Willkür und Souveränität für gleichbedeutend mit Despotismus zu nehmen. Aber der Despotismus bezeichnet überhaupt den Zustand der Gesetzlosigkeit, wo der besondere Wille als solcher, es sei nun eines Monarchen oder eines Volks (Ochlokratie), als Gesetz oder vielmehr statt des Gesetzes gilt, dahingegen die Souveränität gerade im gesetzlichen, konstitutionellen Zustande das Moment der Idealität der besonderen Sphären und Geschäfte ausmacht, daß nämlich eine solche Sphäre nicht ein Unabhängiges, in ihren Zwecken und Wirkungsweisen Selbständiges und sich nur in sich Vertiefendes, sondern in diesen Zwecken und Wirkungsweisen vom Zwecke des Ganzen (den man im allgemeinen mit einem unbestimmten Ausdrucke das Wohl des Staats genannt hat) bestimmt und abhängig sei. Diese Idealität kommt auf die gedoppelte Weise zur Erscheinung. - Im friedlichen Zustande gehen die besonderen Sphären und Geschäfte den Gang der Befriedigung ihrer besonderen Geschäfte und Zwecke fort, und es ist teils nur die Weise der bewußtlosen Notwendigkeit der Sache, nach welcher ihre Selbstsucht in den Beitrag zur gegenseitigen Erhaltung und zur Erhaltung des Ganzen umschlägt (s. § 183), teils aber ist es die direkte Einwirkung von oben, wodurch sie sowohl zu dem Zwecke des Ganzen fortdauernd zurückgeführt und danach beschränkt (s. Regierungsgewalt § 289) als angehalten werden, zu dieser Erhaltung direkte Leistungen zu machen; - im Zustande der Not aber, es sei innerer oder äußerlicher, ist es die Souveränität, in deren einfachen Begriff der dort in seinen Besonderheiten bestehende Organismus zusammengeht und welcher die Rettung des Staats mit Aufopferung dieses sonst Berechtigten anvertraut ist, wo denn jener Idealismus zu seiner eigentümlichen Wirklichkeit kommt (s. unten § 321).
§ 279
2. Die Souveränität, zunächst nur der allgemeine Gedanke dieser Idealität, existiert nur als die ihrer selbst gewisse Subjektivität und als die abstrakte, insofern grundlose Selbstbestimmung des Willens, in welcher das Letzte der Entscheidung liegt. Es ist dies das Individuelle des Staats als solches, der selbst nur darin einer ist. Die Subjektivität aber ist in ihrer Wahrheit nur als Subjekt, die Persönlichkeit nur als Person, und in der zur reellen Vernünftigkeit gediehenen Verfassung hat jedes der drei Momente des Begriffes seine für sich wirkliche ausgesonderte Gestaltung. Dies absolut entscheidende Moment des Ganzen ist daher nicht die Individualität überhaupt, sondern ein Individuum, der Monarch.
Die immanente Entwicklung einer Wissenschaft, die Ableitung ihres ganzen Inhalts aus dem einfachen Begriffe (sonst verdient eine Wissenschaft wenigstens nicht den Namen einer philosophischen Wissenschaft) zeigt das Eigentümliche, daß der eine und derselbe Begriff, hier der Wille, der anfangs, weil es der Anfang ist, abstrakt ist, sich erhält, aber seine Bestimmungen, und zwar ebenso nur durch sich selbst, verdichtet und auf diese Weise einen konkreten Inhalt gewinnt. So ist es das Grundmoment der zuerst im unmittelbaren Rechte abstrakten Persönlichkeit, welches sich durch seine verschiedenen Formen von Subjektivität fortgebildet hat und hier im absoluten Rechte, dem Staate, der vollkommen konkreten Objektivität des Willens, die Persönlichkeit des Staats ist, seine Gewißheit seiner selbst - dieses Letzte, was alle Besonderheiten in dem einfachen Selbst aufhebt, das Abwägen der Gründe und Gegengründe, zwischen denen sich immer herüber und hinüber schwanken läßt, abbricht und sie durch das "Ich will" beschließt und alle Handlung und Wirklichkeit anfängt. - Die Persönlichkeit und die Subjektivität überhaupt hat aber ferner, als unendliches sich auf sich Beziehendes, schlechthin nur Wahrheit, und zwar seine nächste unmittelbare Wahrheit als Person, für sich seiendes Subjekt, und das für sich Seiende ist ebenso schlechthin Eines. Die Persönlichkeit des Staates ist nur als eine Person, der Monarch, wirklich. - Persönlichkeit drückt den Begriff als solchen aus, die Person enthält zugleich die Wirklichkeit desselben, und der Begriff ist nur mit dieser Bestimmung Idee, Wahrheit. - Eine sogenannte moralische Person, Gesellschaft, Gemeinde, Familie, so konkret sie in sich ist, hat die Persönlichkeit nur als Moment, abstrakt in ihr; sie ist darin nicht zur Wahrheit ihrer Existenz gekommen; der Staat aber ist eben diese Totalität, in welcher die Momente des Begriffs zur Wirklichkeit nach ihrer eigentümlichen Wahrheit gelangen. - Alle diese Bestimmungen sind schon für sich und in ihren Gestaltungen im ganzen Verlauf dieser Abhandlung erörtert, aber hier darum wiederholt worden, weil man sie zwar in ihren besonderen Gestaltungen leicht zugibt, aber da sie gerade nicht wieder erkennt und auffaßt, wo sie in ihrer wahrhaften Stellung, nicht vereinzelt, sondern nach ihrer Wahrheit, als Momente der Idee vorkommen. - Der Begriff des Monarchen ist deswegen der schwerste Begriff für das Räsonnement, d. h. für die reflektierende Verstandesbetrachtung, weil es in den vereinzelten Bestimmungen stehenbleibt und darum dann auch nur Gründe, endliche Gesichtspunkte und das Ableiten aus Gründen kennt. So stellt es dann die Würde des Monarchen als etwas nicht nur der Form, sondern ihrer Bestimmung nach Abgeleitetes dar; vielmehr ist sein Begriff, nicht ein Abgeleitetes, sondern das schlechthin aus sich Anfangende zu sein. Am nächsten trifft daher hiermit die Vorstellung zu, das Recht des Monarchen als auf göttliche Autorität gegründet zu betrachten, denn darin ist das Unbedingte desselben enthalten. Aber es ist bekannt, welche Mißverständnisse sich hieran geknüpft haben, und die Aufgabe der philosophischen Betrachtung ist, eben dies Göttliche zu begreifen. Volkssouveränität kann in dem Sinn gesagt werden, daß ein Volk überhaupt nach außen ein Selbständiges sei und einen eigenen Staat ausmache wie das Volk von Großbritannien, aber das Volk von England oder Schottland, Irland, oder von Venedig, Genua, Ceylon usf. kein souveränes Volk mehr sei, seitdem sie aufgehört haben, eigene Fürsten oder oberste Regierungen für sich zu haben. - Man kann so auch von der Souveränität nach innen sagen, daß sie im Volke residiere, wenn man nur überhaupt vom Ganzen spricht, ganz so wie vorhin (§ 277, 278) gezeigt ist, daß dem Staate Souveränität zukomme. Aber Volkssouveränität, als im Gegensatze gegen die im Monarchen existierende Souveränität genommen, ist der gewöhnliche Sinn, in welchem man in neueren Zeiten von Volkssouveränität zu sprechen angefangen hat, - in diesem Gegensatze gehört die Volkssouveränität zu den verworrenen Gedanken, denen die wüste Vorstellung des Volkes zugrunde liegt. Das Volk, ohne seinen Monarchen und die eben damit notwendig und unmittelbar zusammenhängende Gliederung des Ganzen genommen, ist die formlose Masse, die kein Staat mehr ist und der keine der Bestimmungen, die nur in dem in sich geformten Ganzen vorhanden sind - Souveränität, Regierung, Gerichte, Obrigkeit, Stände und was es sei -, mehr zukommt. Damit, daß solche auf eine Organisation, das Staatsleben, sich beziehende Momente in einem Volke hervortreten, hört es auf, dies unbestimmte Abstraktum zu sein, das in der bloß allgemeinen Vorstellung Volk heißt. - Wird unter der Volkssouveränität die Form der Republik, und zwar bestimmter der Demokratie verstanden (denn unter Republik begreift man sonstige mannigfache empirische Vermischungen, die in eine philosophische Betrachtung ohnehin nicht gehören), so ist teils oben (bei § 273 in der Anmerkung) das Nötige gesagt, teils kann gegen die entwickelte Idee nicht mehr von solcher Vorstellung die Rede sein. - In einem Volke, das weder als ein patriarchalischer Stamm, noch in dem unentwickelten Zustande, in welchem die Formen der Demokratie oder Aristokratie möglich sind (s. Anm. ebend.), noch sonst in einem willkürlichen und unorganischen Zustande vorgestellt, sondern als eine in sich entwickelte, wahrhaft organische Totalität gedacht wird, ist die Souveränität als die Persönlichkeit des Ganzen und diese in der ihrem Begriffe gemäßen Realität, als die Person des Monarchen. Auf der vorhin bemerkten Stufe, auf welcher die Einteilung der Verfassungen in Demokratie, Aristokratie und Monarchie gemacht worden ist, dem Standpunkte der noch in sich bleibenden substantiellen Einheit, die noch nicht zu ihrer unendlichen Unterscheidung und Vertiefung in sich gekommen ist, tritt das Moment der letzten sich selbst bestimmenden Willensentscheidung nicht als immanentes organisches Moment des Staates für sich in eigentümliche Wirklichkeit heraus. Immer muß zwar auch in jenen unausgebildeteren Gestaltungen des Staats eine individuelle Spitze entweder, wie in den dahin gehörenden Monarchien, für sich vorhanden sein oder, wie in den Aristokratien, vornehmlich aber in den Demokratien, sich in den Staatsmännern, Feldherren nach Zufälligkeit und dem besonderen Bedürfnis der Umstände erheben; denn alle Handlung und Wirklichkeit hat ihren Anfang und ihre Vollführung in der entschiedenen Einheit eines Anführers. Aber eingeschlossen in die gediegen bleibende Vereinung der Gewalten muß solche Subjektivität des Entscheidens teils ihrem Entstehen und Hervortreten nach zufällig, teils überhaupt untergeordnet sein; nicht anderswo daher als jenseits solcher bedingten Spitzen konnte das unvermischte, reine Entscheiden, ein von außen her bestimmendes Fatum, liegen. Als Moment der Idee mußte es in die Existenz treten, aber außerhalb der menschlichen Freiheit und ihres Kreises, den der Staat befaßt, wurzelnd. - Hier liegt der Ursprung des Bedürfnisses, von Orakeln, dem Dämon (beim Sokrates), aus Eingeweiden der Tiere, dem Fressen und Fluge der Vögel usf. die letzte Entscheidung über die großen Angelegenheiten und für die wichtigen Momente des Staats zu holen - eine Entscheidung, welche die Menschen, noch nicht die Tiefe des Selbstbewußtseins erfassend und aus der Gediegenheit der substantiellen Einheit zu diesem Fürsichsein gekommen, noch nicht innerhalb des menschlichen Seins zu sehen die Stärke hatten. - Im Dämon des Sokrates (vgl. oben § 138) können wir den Anfang sehen, daß der sich vorher nur jenseits seiner selbst versetzende Wille sich in sich verlegte und sich innerhalb seiner erkannte - der Anfang der sich wissenden und damit wahrhaften Freiheit. Diese reelle Freiheit der Idee, da sie eben dies ist, jedem der Momente der Vernünftigkeit seine eigene, gegenwärtige, selbstbewußte Wirklichkeit zu geben, ist es, welche somit die letzte sich selbst bestimmende Gewißheit, die die Spitze im Begriffe des Willens ausmacht, der Funktion eines Bewußtseins zuteilt. Diese letzte Selbstbestimmung kann aber nur insofern in die Sphäre der menschlichen Freiheit fallen, als sie die Stellung der für sich abgesonderten, über alle Besonderung und Bedingung erhabenen Spitze hat; denn nur so ist sie nach ihrem Begriffe wirklich.
Zusatz. Bei der Organisation des Staats, das heißt hier bei der konstitutionellen Monarchie, muß man nichts vor sich haben als die Notwendigkeit der Idee in sich: alle anderen Gesichtspunkte müssen verschwinden. Der Staat muß als ein großes architektonisches Gebäude, als eine Hieroglyphe der Vernunft, die sich in der Wirklichkeit darstellt, betrachtet werden. Alles, was sich also bloß auf Nützlichkeit, Äußerlichkeit usw. bezieht, ist von der philosophischen Behandlung auszuschließen. Daß nun der Staat der sich selbst bestimmende und vollkommen souveräne Wille, das letzte Sich-Entschließen ist, begreift die Vorstellung leicht. Das Schwerere ist, daß dieses "Ich will" als Person gefaßt werde. Hiermit soll nicht gesagt sein, daß der Monarch willkürlich handeln dürfe: vielmehr ist er an den konkreten Inhalt der Beratungen gebunden, und wenn die Konstitution fest ist, so hat er oft nicht mehr zu tun, als seinen Namen zu unterschreiben. Aber dieser Name ist wichtig: es ist die Spitze, über die nicht hinausgegangen werden kann. Man könnte sagen, eine organische Gliederung sei schon in der schönen Demokratie Athens vorhanden, aber wir sehen sogleich, daß die Griechen die letzte Entscheidung aus ganz äußeren Erscheinungen genommen haben, aus den Orakeln, den Eingeweiden der Opfertiere, aus dem Fluge der Vögel, und daß sie sich zur Natur als zu einer Macht verhalten haben, die da verkündet und ausspricht, was den Menschen gut sei. Das Selbstbewußtsein ist in dieser Zeit noch nicht zu der Abstraktion der Subjektivität gekommen, noch nicht dazu, daß über das zu Entscheidende ein "Ich will" vom Menschen selbst ausgesprochen werden muß. Dieses "Ich will" macht den großen Unterschied der alten und modernen Welt aus, und so muß es in dem großen Gebäude des Staats seine eigentümliche Existenz haben. Leider wird aber diese Bestimmung nur als äußere und beliebige angesehen.
§ 280
3. Dieses letzte Selbst des Staatswillens ist in dieser seiner Abstraktion einfach und daher unmittelbare Einzelheit; in seinem Begriffe selbst liegt hiermit die Bestimmung der Natürlichkeit; der Monarch ist daher wesentlich als dieses Individuum, abstrahiert von allem anderen Inhalte, und dieses Individuum auf unmittelbare natürliche Weise, durch die natürliche Geburt, zur Würde des Monarchen bestimmt.
Dieser Übergang vom Begriff der reinen Selbstbestimmung in die Unmittelbarkeit des Seins und damit in die Natürlichkeit ist rein spekulativer Natur, seine Erkenntnis gehört daher der logischen Philosophie an. Es ist übrigens im ganzen derselbe Übergang, welcher als die Natur des Willens überhaupt bekannt und der Prozeß ist, einen Inhalt aus der Subjektivität (als vorgestellten Zweck) in das Dasein zu übersetzen (§ 8). Aber die eigentümliche Form der Idee und des Überganges, der hier betrachtet wird, ist das unmittelbare Umschlagen der reinen Selbstbestimmung des Willens (des einfachen Begriffes selbst) in ein Dieses und natürliches Dasein, ohne die Vermittlung durch einen besonderen Inhalt - (einen Zweck im Handeln). - Im sogenannten ontologischen Beweise vom Dasein Gottes ist es dasselbe Umschlagen des absoluten Begriffes in das Sein, was die Tiefe der Idee in der neueren Zeit ausgemacht hat, was aber in der neuesten Zeit für das Unbegreifliche ausgegeben worden ist, - wodurch man denn, weil nur die Einheit des Begriffs und des Daseins (§ 23) die Wahrheit ist, auf das Erkennen der Wahrheit Verzicht geleistet hat. Indem das Bewußtsein des Verstandes diese Einheit nicht in sich hat und bei der Trennung der beiden Momente der Wahrheit stehenbleibt, gibt es etwa bei diesem Gegenstande noch einen Glauben an jene Einheit zu. Aber indem die Vorstellung des Monarchen als dem gewöhnlichen Bewußtsein ganz anheimfallend angesehen wird, so bleibt hier um so mehr der Verstand bei seiner Trennung und den daraus fließenden Ergebnissen seiner räsonierenden Gescheitheit stehen und leugnet dann, daß das Moment der letzten Entscheidung im Staate an und für sich (d. i. im Vernunftbegriff) mit der unmittelbaren Natürlichkeit verbunden sei; woraus zunächst die Zufälligkeit dieser Verbindung und, indem die absolute Verschiedenheit jener Momente als das Vernünftige behauptet wird, weiter die Unvernünftigkeit solcher Verbindung gefolgert wird, so daß hieran sich die anderen, die Idee des Staats zerrüttenden Konsequenzen knüpfen.
Zusatz. Wenn man oft gegen den Monarchen behauptet, daß es durch ihn von der Zufälligkeit abhänge, wie es im Staate zugehe, da der Monarch übel gebildet sein könne, da er vielleicht nicht wert sei, an der Spitze desselben zu stehen, und daß es widersinnig sei, daß ein solcher Zustand als ein vernünftiger existieren solle, so ist eben die Voraussetzung hier nichtig, daß es auf die Besonderheit des Charakters ankomme. Es ist bei einer vollendeten Organisation nur um die Spitze formellen Entscheidens zu tun, und man braucht zu einem Monarchen nur einen Menschen, der "Ja" sagt und den Punkt auf das I setzt; denn die Spitze soll so sein, daß die Besonderheit des Charakters nicht das Bedeutende ist. 96) Was der Monarch noch über diese letzte Entscheidung hat, ist etwas, das der Partikularität anheimfällt, auf die es nicht ankommen darf. Es kann wohl Zustände geben, in denen diese Partikularität allein auftritt, aber alsdann ist der Staat noch kein völlig ausgebildeter oder kein wohl konstruierter. In einer wohlgeordneten Monarchie kommt dem Gesetz allein die objektive Seite zu, welchem der Monarch nur das subjektive "Ich will" hinzuzusetzen hat.
§ 281
Beide Momente in ihrer ungetrennten Einheit, das letzte grundlose Selbst des Willens und die damit ebenso grundlose Existenz, als der Natur anheimgestellte Bestimmung, - diese Idee des von der Willkür Unbewegten macht die Majestät des Monarchen aus. In dieser Einheit liegt die wirkliche Einheit des Staats, welche nur durch diese ihre innere und äußere Unmittelbarkeit der Möglichkeit, in die Sphäre der Besonderheit, deren Willkür, Zwecke und Ansichten herabgezogen zu werden, dem Kampf der Faktionen gegen Faktionen um den Thron und der Schwächung und Zertrümmerung der Staatsgewalt entnommen ist.
Geburts- und Erbrecht machen den Grund der Legitimität als Grund nicht eines bloß positiven Rechts, sondern zugleich in der Idee aus. - Daß durch die festbestimmte Thronfolge, d. i. die natürliche Sukzession, bei der Erledigung des Throns den Faktionen vorgebeugt ist, ist eine Seite, die mit Recht für die Erblichkeit desselben längst geltend gemacht worden ist. Diese Seite ist jedoch nur Folge, und zum Grunde gemacht zieht sie die Majestät in die Sphäre des Räsonnements herunter und gibt ihr, deren Charakter diese grundlose Unmittelbarkeit und dies letzte Insichsein ist, nicht die ihr immanente Idee des Staates, sondern etwas außer ihr, einen von ihr verschiedenen Gedanken, etwa das Wohl des Staates oder Volkes zu ihrer Begründung. Aus solcher Bestimmung kann wohl die Erblichkeit durch medios terminos gefolgert werden; sie läßt aber auch andere medios terminos und damit andere Konsequenzen zu, - und es ist nur zu bekannt, welche Konsequenzen aus diesem Wohl des Volkes (salut du peuple) gezogen worden sind. - Deswegen darf auch nur die Philosophie diese Majestät denkend betrachten, denn jede andere Weise der Untersuchung als die spekulative der unendlichen, in sich selbst begründeten Idee hebt an und für sich die Natur der Majestät auf. - Das Wahlreich scheint leicht die natürlichste Vorstellung zu sein, d. h. sie liegt der Seichtigkeit des Gedankens am nächsten; weil es die Angelegenheit und das Interesse des Volkes sei, das der Monarch zu besorgen habe, so müsse es auch der Wahl des Volkes überlassen bleiben, wen es mit der Besorgung seines Wohls beauftragen wolle, und nur aus dieser Beauftragung entstehe das Recht zur Regierung. Diese Ansicht, wie die Vorstellungen vom Monarchen als oberstem Staatsbeamten, von einem Vertragsverhältnisse zwischen demselben und dem Volke usf., geht von dem Willen als Belieben, Meinung und Willkür der Vielen aus - einer Bestimmung, die, wie längst betrachtet worden, in der bürgerlichen Gesellschaft als erste gilt oder vielmehr sich nur geltend machen will, aber weder das Prinzip der Familie, noch weniger des Staats ist, überhaupt der Idee der Sittlichkeit entgegensteht. - Daß das Wahlreich vielmehr die schlechteste der Institutionen ist, ergibt sich schon für das Räsonnement aus den Folgen, die für dasselbe übrigens nur als etwas Mögliches und Wahrscheinliches erscheinen, in der Tat aber wesentlich in dieser Institution liegen. Die Verfassung wird nämlich in einem Wahlreich durch die Natur des Verhältnisses, daß in ihm der partikulare Wille zum letzten Entscheidenden gemacht ist, zu einer Wahlkapitulation, d. h. zu einer Ergebung der Staatsgewalt auf die Diskretion des partikularen Willens, woraus die Verwandlung der besonderen Staatsgewalten in Privateigentum, die Schwächung und der Verlust der Souveränität des Staats und damit seine innere Auflösung und äußere Zertrümmerung hervorgeht.
Zusatz. Wenn man die Idee des Monarchen erfassen will, so kann man sich nicht damit begnügen, zu sagen, daß Gott die Könige eingesetzt habe, denn Gott hat alles, auch das Schlechteste gemacht. Auch vom Gesichtspunkt des Nutzens aus kommt man nicht weit, und es lassen sich immer wieder Nachteile aufweisen. Ebensowenig hilft es, wenn man den Monarchen als positives Recht betrachtet. Daß ich Eigentum habe, ist notwendig, aber dieser besondere Besitz ist zufällig, und so erscheint auch das Recht, daß einer an der Spitze stehen muß, wenn man es als abstrakt und positiv betrachtet. Aber dieses Recht ist als gefühltes Bedürfnis und als Bedürfnis der Sache an und für sich vorhanden. Die Monarchen zeichnen sich nicht gerade durch körperliche Kräfte oder durch Geist aus, und doch lassen sich Millionen von ihnen beherrschen. Wenn man nun sagt, die Menschen ließen sich wider ihre Interessen, Zwecke, Absichten regieren, so ist dies ungereimt, denn so dumm sind die Menschen nicht: es ist ihr Bedürfnis, es ist die innere Macht der Idee, die sie selbst gegen ihr anscheinendes Bewußtsein dazu nötigt und in diesem Verhältnis erhält. Wenn so der Monarch als Spitze und Teil der Verfassung auftritt, so muß man sagen, daß ein erobertes Volk nicht in der Verfassung identisch mit dem Fürsten ist. Wenn in einer im Kriege eroberten Provinz ein Aufstand geschieht, so ist dies etwas anderes als eine Empörung in einem wohlorganisierten Staat. Die Eroberten sind nicht im Aufstande gegen ihren Fürsten, sie begehen kein Staatsverbrechen, denn sie sind mit dem Herrn nicht im Zusammenhang der Idee, nicht in der inneren Notwendigkeit der Verfassung, - es ist nur ein Kontrakt, kein Staatsverband vorhanden. "Je ne suis pas votre prince, je suis votre maître", erwiderte Napoleon den Erfurter Abgeordneten.
§ 282
Aus der Souveränität des Monarchen fließt das Begnadigungsrecht der Verbrecher, denn ihr nur kommt die Verwirklichung der Macht des Geistes zu, das Geschehene ungeschehen zu machen und im Vergeben und Vergessen das Verbrechen zu vernichten.
Das Begnadigungsrecht ist eine der höchsten Anerkennungen der Majestät des Geistes. - Dies Recht gehört übrigens zu den Anwendungen oder Reflexen der Bestimmungen der höheren Sphäre auf eine vorhergehende. - Dergleichen Anwendungen aber gehören der besonderen Wissenschaft an, die ihren Gegenstand in seinem empirischen Umfange abzuhandeln hat (vgl. § 270 Anm. Fn.). - Zu solchen Anwendungen gehört auch, daß die Verletzungen des Staats überhaupt oder der Souveränität, Majestät und der Persönlichkeit des Fürsten unter den Begriff des Verbrechens, der früher (§ 95 bis 102) vorgekommen ist, subsumiert, und zwar als die höchsten Verbrechen, [und] die besondere Verfahrungsart usf. bestimmt werden.
Zusatz. Die Begnadigung ist die Erlassung der Strafe, die aber das Recht nicht aufhebt. Dieses bleibt vielmehr, und der Begnadigte ist nach wie vor ein Verbrecher; die Gnade spricht nicht aus, daß er kein Verbrechen begangen habe. Diese Aufhebung der Strafe kann durch die Religion vor sich gehen, denn das Geschehen kann vom Geist im Geist ungeschehen gemacht werden. Insofern dieses in der Welt vollbracht wird, hat es seinen Ort aber nur in der Majestät und kann nur der grundlosen Entscheidung zukommen.
§ 283
Das zweite in der Fürstengewalt Enthaltene ist das Moment der Besonderheit oder des bestimmten Inhalts und der Subsumtion desselben unter das Allgemeine. Insofern es eine besondere Existenz erhält, sind es oberste beratende Stellen und Individuen, die den Inhalt der vorkommenden Staatsangelegenheiten oder der aus vorhandenen Bedürfnissen nötig werdenden gesetzlichen Bestimmungen mit ihren objektiven Seiten, den Entscheidungsgründen, darauf sich beziehenden Gesetzen, Umständen usf. zur Entscheidung vor den Monarchen bringen. Die Erwählung der Individuen zu diesem Geschäfte wie deren Entfernung fällt, da sie es mit der unmittelbaren Person des Monarchen zu tun haben, in seine unbeschränkte Willkür.
§ 284
Insofern das Objektive der Entscheidung, die Kenntnis des Inhalts und der Umstände, die gesetzlichen und andere Bestimmungsgründe, allein der Verantwortung, d. i. des Beweises der Objektivität fähig ist und daher einer von dem persönlichen Willen des Monarchen als solchem unterschiedenen Beratung zukommen kann, sind diese beratenden Stellen oder Individuen allein der Verantwortung unterworfen; die eigentümliche Majestät des Monarchen, als die letzte entscheidende Subjektivität, ist aber über alle Verantwortlichkeit für die Regierungshandlungen erhoben.
§ 285
Das dritte Moment der fürstlichen Gewalt betrifft das an und für sich Allgemeine, welches in subjektiver Rücksicht in dem Gewissen des Monarchen, in objektiver Rücksicht im Ganzen der Verfassung und in den Gesetzen besteht; die fürstliche Gewalt setzt insofern die anderen Momente voraus, wie jedes von diesen sie voraussetzt.
§ 286
Die objektive Garantie der fürstlichen Gewalt, der rechtlichen Sukzession nach der Erblichkeit des Thrones usf. liegt darin, daß, wie diese Sphäre ihre von den anderen durch die Vernunft bestimmten Momenten ausgeschiedene Wirklichkeit hat, ebenso die anderen für sich die eigentümlichen Rechte und Pflichten ihrer Bestimmung haben; jedes Glied, indem es sich für sich erhält, erhält im vernünftigen Organismus eben damit die anderen in ihrer Eigentümlichkeit.
Die monarchische Verfassung zur erblichen, nach Primogenitur festbestimmten Thronfolge herausgearbeitet zu haben, so daß sie hiermit zum patriarchalischen Prinzip, von dem sie geschichtlich ausgegangen ist, aber in der höheren Bestimmung als die absolute Spitze eines organisch entwickelten Staats zurückgeführt worden, ist eines der späteren Resultate der Geschichte, das für die öffentliche Freiheit und vernünftige Verfassung am wichtigsten ist, obgleich es, wie vorhin bemerkt, wenn schon respektiert, doch häufig am wenigsten begriffen wird. Die ehemaligen bloßen Feudalmonarchien sowie die Despotien zeigen in der Geschichte darum diese Abwechslung von Empörungen, Gewalttaten der Fürsten, innerlichen Kriegen, Untergang fürstlicher Individuen und Dynastien und die daraus hervorgehende innere und äußere allgemeine Verwüstung und Zerstörung, weil in solchem Zustand die Teilung des Staatsgeschäfts, indem seine Teile Vasallen, Paschas usf. übertragen sind, nur mechanisch, nicht ein Unterschied der Bestimmung und Form, sondern nur ein Unterschied größerer oder geringerer Gewalt ist. So erhält und bringt jeder Teil, indem er sich erhält, nur sich und darin nicht zugleich die anderen hervor und hat zur unabhängigen Selbständigkeit alle Momente vollständig an ihm selbst. Im organischen Verhältnisse, in welchem Glieder, nicht Teile, sich zueinander verhalten, erhält jedes die anderen, indem es seine eigene Sphäre erfüllt; jedem ist für die eigene Selbsterhaltung ebenso die Erhaltung der anderen Glieder substantieller Zweck und Produkt. Die Garantien, nach denen gefragt wird, es sei für die Festigkeit der Thronfolge, der fürstlichen Gewalt überhaupt, für Gerechtigkeit, öffentliche Freiheit usf., sind Sicherungen durch Institutionen. Als subjektive Garantien können Liebe des Volks, Charakter, Eide, Gewalt usf. angesehen werden, aber sowie von Verfassung gesprochen wird, ist die Rede nur von objektiven Garantien, den Institutionen, d. i. den organisch verschränkten und sich bedingenden Momenten. So sind sich öffentliche Freiheit überhaupt und Erblichkeit des Thrones gegenseitige Garantien und stehen im absoluten Zusammenhang, weil die öffentliche Freiheit die vernünftige Verfassung ist und die Erblichkeit der fürstlichen Gewalt das, wie gezeigt, in ihrem Begriffe liegende Moment.
96) in der 2. Aufl. lautet diese Stelle: "Es ist bei einer vollendeten Organisation des Staates nur um die Spitze formalen Entscheidens zu tun und um eine natürliche Festigkeit gegen die Leidenschaft. Man fordert daher mit Unrecht objektive Eigenschaften an dem Monarchen: er hat nur Ja zu sagen und den Punkt auf das I zu setzen. Denn die Spitze soll so sein, daß die Besonderheit des Charakters nicht das Bedeutende ist. Diese Bestimmung des Monarchen ist vernünftig, denn sie ist dem Begriffe gemäß; weil sie aber schwer zu fassen ist, geschieht es oft, daß man die Vernünftigkeit der Monarchie nicht einsieht. Die Monarchie muß fest in sich selbst sein, und was der Monarch ... "
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