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C. Entäußerung des Eigentums
§ 65
Meines Eigentums kann ich mich entäußern, da es das meinige nur ist, insofern ich meinen Willen darein lege, - so daß ich meine Sache überhaupt von mir als herrenlos lasse (derelinquiere) oder sie dem Willen eines anderen zum Besitzen überlasse, - aber nur insofern die Sache ihrer Natur nach ein Äußerliches ist.
[zu] § 65. Nicht verzehrendes Aufheben, so[ndern] Trennung überhaupt. Interesse wegen folgender § Bestimmungen. Bei der Entäußerung tritt ein Eigentum hervor, das zu einem solchen, das erst entsteht, erst in der Äußerung und in Beziehung auf die Entäußerung wird. Besitzergreifung, die Gebrauch ist. Sache kann ich in Besitz nehmen, zum Eigentum machen, weil sie - ihrer Wahrheit, ihrem Begriff nach - eine Sache ist - Ich und der Andere habe etwas wider die Natur der Sache getan. Erst insofern ich mich in Besitz genommen habe, - nicht Sklave bin, - kann ich Privatrecht gegen einen andern und er gegen mich haben. - Ich nicht selbstlose Sache, - sondern eigner Wille, der zu allererst über mich verfügen kann - daß dies ganz absolut notwendige Bedingung ist - Gebe ich mich selbst zum Sklaven, so tue ich das Gegenteil meiner selbst - ein freier Wille sein der keiner ist - kein freier Wille zu sein, ist mein freier Wille. Freier Wille ist nur, der sich zum Inhalte hat. Sittlichkeit, Religion - freies Selbstbewußtsein meiner Identität mit dem, was in mir absolut, Substantielles, Wesen ist - Denkendes, intellektuell, nur insofern bin Ich Denkendes - Mensch - kann mich nicht zu einem andern machen, als Ich bin -
Zusatz. Wenn die Verjährung eine Entäußerung mit nicht direkt erklärtem Willen ist, so ist die wahre Entäußerung eine Erklärung des Willens, daß ich die Sache nicht mehr als die meinige ansehen will. Das ganze kann auch so gefaßt werden, daß die Entäußerung eine wahre Besitzergreifung sei. Die unmittelbare Besitznahme ist das erste Moment des Eigentums; durch den Gebrauch wird ebenfalls Eigentum erworben, und das dritte Moment ist alsdann die Einheit beider, Besitzergreifung durch Entäußerung.
§ 66
Unveräußerlich sind daher diejenigen Güter oder vielmehr substantiellen Bestimmungen, sowie das Recht an sie unverjährbar, welche meine eigenste Person und das allgemeine Wesen meines Selbstbewußtseins ausmachen, wie meine Persönlichkeit überhaupt, meine allgemeine Willensfreiheit, Sittlichkeit, Religion.
Daß das, was der Geist seinem Begriffe nach oder an sich ist, auch im Dasein und für sich sei (somit Person, des Eigentums fähig sei, Sittlichkeit, Religion habe) - diese Idee ist selbst sein Begriff (als causa sui, d. i. als freie Ursache, ist er solches, cuius natura non potest concipi nisi existens1) ; Spinoza, Ethik I, Def. 1.). In eben diesem Begriffe, nur durch sich selbst und als unendliche Rückkehr in sich aus der natürlichen Unmittelbarkeit seines Daseins das zu sein, was er ist, liegt die Möglichkeit des Gegensatzes zwischen dem, was er nur an sich und nicht auch für sich ist (§ 57), sowie umgekehrt zwischen dem, was er nur für sich, nicht an sich ist (im Willen das Böse), - und hierin die Möglichkeit der Entäußerung der Persönlichkeit und seines substantiellen Seins, diese Entäußerung geschehe auf eine bewußtlose oder ausdrückliche Weise. - Beispiele von Entäußerung der Persönlichkeit sind die Sklaverei, Leibeigenschaft, Unfähigkeit Eigentum zu besitzen, die Unfreiheit desselben usf.; Entäußerung der intelligenten Vernünftigkeit, Moralität, Sittlichkeit, Religion kommt vor im Aberglauben, in der anderen eingeräumten Autorität und Vollmacht, mir, was ich für Handlungen begehen solle (wenn einer sich ausdrücklich zum Raube, Morde usf. oder zur Möglichkeit von Verbrechen verdingt), mir, was Gewissenspflicht, religiöse Wahrheit sei usf., zu bestimmen und vorzuschreiben. - Das Recht an solches Unveräußerliche ist unverjährbar, denn der Akt, wodurch ich von meiner Persönlichkeit und substantiellem Wesen Besitz nehme, mich zu einem Rechts- und Zurechnungsfähigen, Moralischen, Religiösen mache, entnimmt diese Bestimmungen eben der Äußerlichkeit, die allein ihnen die Fähigkeit gab, im Besitz eines anderen zu sein. Mit diesem Aufheben der Äußerlichkeit fällt die Zeitbestimmung und alle Gründe weg, die aus meinem früheren Konsens oder Gefallenlassen genommen werden können. Diese Rückkehr meiner in mich selbst, wodurch Ich mich als Idee, als rechtliche und moralische Person existierend mache, hebt das bisherige Verhältnis und das Unrecht auf, das Ich und der andere meinem Begriff und Vernunft angetan hat, die unendliche Existenz des Selbstbewußtseins als ein Äußerliches behandeln [zu] lassen und behandelt zu haben. - Diese Rückkehr in mich deckt den Widerspruch auf, anderen meine Rechtsfähigkeit, Sittlichkeit, Religiosität in Besitz gegeben zu haben, was ich selbst nicht besaß und was, sobald ich es besitze, eben wesentlich nur als das Meinige und nicht als ein Äußerliches existiert.
[zu § 66] Unmündiger hat kein Recht - Mündigkeit ist erste Bedingung aller Rechtsfähigkeit. Alle Rechte [können] ihrer Natur nach nicht eines Andern sein. Ich bin Eigentümer von Tieren, Pflanzen - und andern Dingen, - Voraussetzung, daß sie zeitlich, vergänglich, sterblich sind - der Natur unterworfen - dies ihre Bestimmung; - Ich selbst Sache - Bestimmung, daß Ich als Sache, Natur, untergehe, und frei werde, - auferstehe - dies meine Bestimmung - Die Natur verletzt dort auch das Eigentum - Hier erscheint es α) als einseitiger Wille bei dem Menschen, der sich frei macht, Gewalt - β) gegen seinen früheren Willen; - ebenso bei Natur α) einseitiges Tun der Natur, β) gegen ihr früheres Bestehenlassen der Sache - Arten, Eigentum zu erwerben - Arten, Gang von Äußerem zu Innerem. A. Besitzergreifung als unmittelbar. Geht hervor Unterscheidung der besessenen Einzelheit und der Substanz. Allgemeine Sache, Zeichen, vorgestellte Besitzergreifung. B. gleichfalls vorgestellte Besitzergreifung - Negation der Unmittelbarkeit, aber vermittelt durch Gebrauch, d. i. Aufhebung der unmittelbaren Einzelheit, an der ich die Sache habe - Gebrauch bringt hervor, bezeichnet Eigentümer - nehme noch ein Äußeres in Besitz, aber nicht das Unmittelbare. C. gleichfalls Besitzergreifung - (Gebrauch, der nicht nur Besitzergreifung, sondern auch) Hervorbringung der Sache ist; (- Erwerbung von Eigentum αa) abstrakt: Entäußerung, β) Äußerung als Produktion) - Negation, die in sich positiv ist. Das innerlich Meine - Reflexion in mich. Gebrauch und unmittelbare Besitzergreifung in einem. - Gang A. Negation der Unmittelbarkeit. B. Gebrauch, Negation der Unmittelbarkeit und noch Besitz, Eigentum eines Unmittelbaren. C. Hervorbringung aus mir.
[zu § 66 Anm.] Auch das Recht zu leben ist unveräußerlich, d. i. für die Willkür. Es verkauft sich einer, zum Tode; - Geld für seine Familie oder sonstige Verwendung. - Der ihn kauft und tötet, verstümmelt, [ist] Mörder. (Kastration - Lernen von chirurgischen Operationen, - Zahnausreißen).
[zu "Diese Rückkehr meiner in mich selbst ... "] a) Was ich nur an sich bin, bin ich äußerlich; - frei, religiös, sittlich etc. nur an sich: also unfrei, nicht religiös etc. b) für mich, so bin ich erst wahrhaft - Aber dies Fürsichwerden tut dem Eigentum, Besitz des Andern Eintrag - (Entschädigung - billig in gutem Glauben - Meßpriester, der von Messelesen lebt, darauf angenommen, von den anderen oder im Namen der anderen angestellt.) Er hat es mit jemand anderem zu tun.
Zusatz. Es liegt in der Natur der Sache, daß der Sklave ein absolutes Recht hat, sich frei zu machen, daß, wenn jemand seine Sittlichkeit zu Raub und Mord verdungen hat, dieses an und für sich nichtig ist und jeder die Befugnis besitzt, diesen Vertrag zurückzunehmen. Ebenso verhält es sich mit der Verdingung der Religiosität an einen Priester, der mein Beichtvater ist, denn solche Innerlichkeit hat der Mensch mit sich allein abzumachen. Eine Religiosität, bei welcher der eine Teil in die Hand eines anderen gelegt wird, ist keine Religiosität, denn der Geist ist nur Einer, und er soll in mir wohnen; mir soll die Vereinigung des Anundfürsichseins angehören.
§ 67
Von meinen besonderen, körperlichen und geistigen Geschicklichkeiten und Möglichkeiten der Tätigkeit kann ich einzelne Produktionen und einen in der Zeit beschränkten Gebrauch von einem anderen2) veräußern, weil sie nach dieser Beschränkung ein äußerliches Verhältnis zu meiner Totalität und Allgemeinheit erhalten. Durch die Veräußerung meiner ganzen durch die Arbeit konkreten Zeit und der Totalität meiner Produktion würde ich das Substantielle derselben, meine allgemeine Tätigkeit und Wirklichkeit, meine Persönlichkeit zum Eigentum eines anderen machen.
Es ist dasselbe Verhältnis wie oben, § 61, zwischen der Substanz der Sache und ihrer Benutzung; wie diese, nur insofern sie beschränkt ist, von jener verschieden ist, so ist auch der Gebrauch meiner Kräfte von ihnen selbst und damit von mir nur unterschieden, insofern er quantitativ beschränkt ist; - die Totalität der Äußerungen einer Kraft ist die Kraft selbst, - der Akzidenzen die Substanz, - der Besonderungen das Allgemeine.
[zu § 67] Verhältnis des absoluten Innern zu dessen Äußerlichkeit.
Zusatz. Der hier auseinandergesetzte Unterschied ist der zwischen einem Sklaven und dem heutigen Gesinde oder einem Tagelöhner. Der athenäische Sklave hatte vielleicht leichtere Verrichtung und geistigere Arbeit als in der Regel unsere Dienstboten, aber er war dennoch Sklave, weil der ganze Umfang seiner Tätigkeit dem Herrn veräußert war.
§ 68
Das Eigentümliche an der geistigen Produktion kann durch die Art und Weise der Äußerung unmittelbar in solche Äußerlichkeit einer Sache umschlagen, die nun ebenso von anderen produziert werden kann; so daß mit deren Erwerb der nunmehrige Eigentümer, außerdem daß er damit sich die mitgeteilten Gedanken oder die technische Erfindung zu eigen machen kann, welche Möglichkeit zum Teil (bei schriftstellerischen Werken) die einzige Bestimmung und den Wert des Erwerbs ausmacht, zugleich in den Besitz der allgemeinen Art und Weise, sich so zu äußern und solche Sachen vielfältig hervorzubringen, kommt.
Bei Kunstwerken ist die den Gedanken in einem äußerlichen Material verbildlichende Form als Ding so sehr das Eigentümliche des produzierenden Individuums, daß ein Nachmachen derselben wesentlich das Produkt der eigenen geistigen und technischen Geschicklichkeit ist. Bei einem schriftstellerischen Werke ist die Form, wodurch es eine äußerliche Sache ist, so wie bei der Erfindung einer technischen Vorrichtung, mechanischer Art - dort, weil der Gedanke nur in einer Reihe vereinzelter abstrakter Zeichen, nicht in konkreter Bildnerei dargestellt wird, hier, weil er überhaupt einen mechanischen Inhalt hat -, und die Art und Weise, solche Sachen als Sachen zu produzieren, gehört unter die gewöhnlichen Fertigkeiten. Zwischen den Extremen des Kunstwerks und der handwerksmäßigen Produktion gibt es übrigens Übergänge, die bald mehr, bald weniger von dem einen oder dem anderen an sich haben.
[zu § 68] Malerei - Kunstwerk - nicht Zeichen - sondern Darstellung - Nachahmung - das Sinnliche stellt vor, was es bedeuten soll. § 68. Ich will den Wert, das was es mich gekostet hat, dafür erhalten - Geistige Produktion ist ein in sich Allgemeines - Geist - Einzelne Handarbeit - Pflügen - nicht das Geschick mit darin, wie in Maschine, Uhr, die nachgemacht wird - Der das Einzelne erwirbt, [erwirbt] auch die Geschicklichkeit, den Witz, Scharfsinn, Talent - d. i. Fähigkeit (allg.), dasselbe zu produzieren, nicht die Fähigkeit zu erfinden, d. i. wieder etwas Anderes zu machen, aber dasselbe. In schriftstellerischer Produktion zwar nicht die Geschicklichkeit - ebenso aber die Fähigkeit, solches zu produzieren. Bei Kunstwerken nicht - Modus der Produktion selbst das Eigentümliche - In Sprache Zeichen; daß sie Zeichen sind, dies habe Ich auch nicht gemacht - ist schon im Volke vorhanden - gleichfalls äußerliche Sachen. In Maschine - Mittel, äußerliche Sachen - nur Komposition, Form, eigentümlich - aber mechanisch.
§ 69
Indem der Erwerber eines solchen Produkts an dem Exemplar als einzelnem den vollen Gebrauch und Wert desselben besitzt, so ist er vollkommener und freier Eigentümer desselben als eines einzelnen, obgleich der Verfasser der Schrift oder der Erfinder der technischen Vorrichtung Eigentümer der allgemeinen Art und Weise bleibt, dergleichen Produkte und Sachen zu vervielfältigen, als welche allgemeine Art und Weise er nicht unmittelbar veräußert hat, sondern sich dieselbe als eigentümliche Äußerung vorbehalten kann.
Das Substantielle des Rechts des Schriftstellers und Erfinders ist zunächst nicht darin zu suchen, daß er bei der Entäußerung des einzelnen Exemplars es willkürlich zur Bedingung macht, daß die damit in den Besitz des anderen kommende Möglichkeit, solche Produkte nunmehr als Sachen gleichfalls hervorzubringen, nicht Eigentum des anderen werde, sondern Eigentum des Erfinders bleibe. Die erste Frage ist, ob eine solche Trennung des Eigentums der Sache von der mit ihr gegebenen Möglichkeit, sie gleichfalls zu produzieren, im Begriffe zulässig ist und das volle, freie Eigentum (§ 62) nicht aufhebt, - worauf es erst in die Willkür des ersten geistigen Produzenten kommt, diese Möglichkeit für sich zu behalten oder als einen Wert zu veräußern oder für sich keinen Wert darauf zu legen und mit der einzelnen Sache auch sie preiszugeben. Diese Möglichkeit hat nämlich das Eigene, an der Sache die Seite zu sein, wonach diese nicht nur eine Besitzung, sondern ein Vermögen ist (s. unten § 170 ff.), so daß dies in der besonderen Art und Weise des äußeren Gebrauchs liegt, der von der Sache gemacht wird und von dem Gebrauche, zu welchem die Sache unmittelbar bestimmt ist, verschieden und trennbar ist (er ist nicht, wie man es heißt, eine solche accessio naturalis wie die foetura). §[handschriftliche Notiz 69 (a)] Da nun der Unterschied in das seiner Natur nach Teilbare, in den äußerlichen Gebrauch fällt, so ist die Zurückbehaltung des einen Teils bei Veräußerung des anderen Teils des Gebrauchs nicht der Vorbehalt einer Herrenschaft ohne utile. - Die bloß negative, aber allererste Beförderung der Wissenschaften und Künste ist, diejenigen, die darin arbeiten, gegen Diebstahl zu sichern und ihnen den Schutz ihres Eigentums angedeihen zu lassen; wie die §[handschriftliche Notiz 69 (b)] allererste und wichtigste Beförderung des Handels und der Industrie war, sie gegen die Räuberei auf den Landstraßen sicherzustellen. - Indem übrigens das Geistesprodukt die Bestimmung hat, von anderen Individuen aufgefaßt und ihrer Vorstellung, Gedächtnis, Denken usf. zu eigen gemacht zu werden [, so hat] ihre Äußerung, wodurch sie das Gelernte (denn Lernen heißt nicht nur, mit dem Gedächtnis die Worte auswendig lernen - die Gedanken anderer können nur durch Denken aufgefaßt werden, und dies Nachdenken ist auch Lernen) gleichfalls zu einer veräußerbaren Sache machen, immer leicht irgendeine eigentümliche Form, so daß sie das daraus erwachsende Vermögen als ihr Eigentum betrachten und für sich das Recht solcher Produktion daraus behaupten können. Die Fortpflanzung der Wissenschaften überhaupt und das bestimmte Lehrgeschäft insbesondere ist, seiner Bestimmung und Pflicht nach, am bestimmtesten bei positiven Wissenschaften, der Lehre einer Kirche, der Jurisprudenz usf., die Repetition festgesetzter, überhaupt schon geäußerter und von außen aufgenommener Gedanken, somit auch in Schriften, welche dies Lehrgeschäft und die Fortpflanzung und Verbreitung der Wissenschaften zum Zweck haben. Inwiefern nun die in der wiederholenden Äußerung sich ergebende Form den vorhandenen wissenschaftlichen Schatz und insbesondere die Gedanken solcher anderer, die noch im äußerlichen Eigentum ihrer3) Geistesprodukte sind, in ein spezielles geistiges Eigentum des reproduzierenden Individuums verwandle und ihm hiermit das Recht, sie auch zu seinem äußerlichen Eigentum zu machen, gebe oder inwiefern nicht, - inwiefern solche Wiederholung in einem schriftstellerischen Werke ein Plagiat werde, läßt sich nicht durch eine genaue Bestimmung §[handschriftliche Notiz 69 (c)] angeben und hiermit nicht rechtlich und gesetzlich festsetzen. Das Plagiat müßte daher eine Sache der Ehre sein und von dieser zurückgehalten werden. - Gesetze gegen den Nachdruck erfüllen daher ihren Zweck, das Eigentum der Schriftsteller und der Verleger rechtlich zu sichern, zwar in dem bestimmten, aber sehr beschränkten Umfange. Die Leichtigkeit, absichtlich an der Form etwas zu ändern oder ein Modifikatiönchen an einer großen Wissenschaft, an einer umfassenden Theorie, welche das Werk eines anderen ist, zu erfinden, oder schon die Unmöglichkeit, im Vortrage des Aufgefaßten bei den Worten des Urhebers zu bleiben, führen für sich außer den besonderen Zwecken, für welche eine solche Wiederholung nötig wird, die unendliche Vielfachheit von Veränderungen herbei, die dem fremden Eigentum den mehr oder weniger oberflächlichen Stempel des seinigen aufdrücken; wie die hundert und aberhundert Kompendien, Auszüge, Sammlungen usf., Rechenbücher, Geometrien, Erbauungsschriften usf. zeigen, wie jeder Einfall einer kritischen Zeitschrift, Musenalmanachs, Konversationslexikons usf. sogleich ebenfalls unter demselben oder einem veränderten Titel wiederholt, aber als etwas Eigentümliches behauptet werden kann, - wodurch denn leicht dem Schriftsteller oder erfindenden Unternehmer der Gewinn, den ihm sein Werk oder Einfall versprach, zunichte gemacht oder gegenseitig heruntergebracht oder allein ruiniert wird. - Was aber die Wirkung der Ehre gegen das Plagiat betrifft, so ist dabei dies auffallend, daß der Ausdruck Plagiat oder gar gelehrter Diebstahl nicht mehr gehört wird - es sei entweder, daß die Ehre ihre Wirkung getan, das Plagiat zu verdrängen, oder daß es aufgehört hat, gegen die Ehre zu sein, und das Gefühl hierüber verschwunden ist, oder daß ein Einfällchen und Veränderung einer äußeren Form sich als Originalität und selbstdenkendes Produzieren so hoch anschlägt, um den Gedanken an ein Plagiat gar nicht in sich aufkommen zu lassen.
[zu § 69] Es ist zweierlei Bestimmung, - Benutzung, - was ist die direkte Bestimmung des Verkaufs eines Exemplars? Verkauft nur das, was und insofern es Gedanken vorstellt - diesen Wert, - nicht den andern Wert, der die Vervielfältigung in sich schließt - dieser Wert ein weiteres Vermögen - Es gehört mein (nicht stillschweigender, sondern) ausdrücklicher Wille dazu, - wenn auch diese Seite veräußert wird - Solche Produktion überhaupt in Beziehung auf den Andern - In Besitz nehmen ist meine Arbeit, Geschicklichkeit - mache dies meinige äußerlich - (wesentlich) in bezug auf den Andern, oder es gesellt sich unmittelbar dazu - Wenn solches, welches Zeichen von Vorstellungen ist, produziert wird, ist es schlechterdings in Beziehung auf [den] Andern - Gebrauch - stellt vor meinen Willen, etwas, eine Sache, als Eigentum zu haben; - Besitzergreifung wird zur Vorstellung. Zuletzt (schriftstellerische Produktion) [werden] die Vorstellungen selbst zur Sache. Weise eines Daseins, Besitzes, der sich schlechthin auf andere bezieht - Mein soll bleiben das Äußerliche, Wert - zum Tausche - als Vermögen.
§[zu 69 Anm., (a)] Art und Weise des Gebrauchs - eine Art von Gebrauch zediert - eine andere Art nicht - Erbpacht, Lehen - auch eine Art von Gebrauch - eine andere, nämlich es zu verkaufen, nicht - aber dies letztere ist nicht eine Art von Gebrauch - sondern ist Eigentum des Werts der Sache - Gesetze gegen Nachdruck - α) Schutz der Schriftsteller und Verleger - ihre Kommissionäre gemeinschaftlich gegen Nachdruck - β) der Verleger gegen Nachdrucker wie gegen das Publikum. Gemeinsames Eigentum der Nation - jeder kann es nachdrucken - Privilegium - Versorgung, Sicherung der Verlagshandlungen -
§[zu 69 Anm., (b)] Der allergrößte Teil der deutschen Literatur ist Fabrikwesen, bare Industrie geworden.
§[zu 69 Anm., (c)] Musenalmanach, Geometrie ist kein besonderer Einfall, - also ist es jedem erlaubt, solchen Einfall zu exploitieren. Gelehrte Zeitungen - Morgen-, Abendblätter. Alle Götter und Göttinnen - Musen, Minerva, Hermes - Einfall.
§ 70
Die umfassende Totalität der äußerlichen Tätigkeit, das Leben, ist gegen die Persönlichkeit, als welche selbst diese und unmittelbar ist, kein Äußerliches. Die Entäußerung oder Aufopferung desselben ist vielmehr das Gegenteil, als das Dasein dieser Persönlichkeit. Ich habe daher zu jener Entäußerung überhaupt kein Recht, und nur eine sittliche Idee, als in welcher diese unmittelbar einzelne Persönlichkeit an sich untergegangen und die deren wirkliche Macht ist, hat ein Recht darauf, so daß zugleich, wie das Leben als solches unmittelbar, auch der Tod die unmittelbare Negativität desselben ist, daher er von außen, als eine Natursache oder, im Dienste der Idee, von fremder Hand empfangen werden muß.
[zu § 70] α) Elend, reines, abstraktes Unglück - Unglück als solches. β) Schande; dies Subjekt zu hoch. Verlust - α) der äußeren Möglichkeit des Standes, der Ehre - kann von sehr beschränkter Art sein - Werther - β) der Republik, Roms; γ) des Genießens - Interesse am Genuß - Engländer blasé δ) des guten Gewissens - durch Verbrechen - Beurteilung - α) ob rechtlich erlaubt - β) ob sittlich erlaubt - sich dem Unglücke, der Schande, Entehrung - und zwar unverdienter- [zu] entziehen - Wenn der Mensch in diese Tiefe hinabsteigt, - sein Leben Gesamtumfang zur Vergleichung, zur Entgegenstellung und zur Frage bringt, - so tritt damit die Forderung ein, daß er auch in die Tiefe seines Geistes steigt, - ehe er urteilt, dies Leben hat keinen Wert. - Ist in ihm nichts vorhanden, wodurch er ihm einen Wert verschaffen könnte, - so steht er auf einer untergeordneten Stufe seines sittlichen Bewußtseins. Die Ansicht des speziellen Individuums - dasselbe verdammen wie bei jedem Verbrechen - Mensch schlecht erzogen, Mangel, etwas Zurückstoßendes in seinem Äußeren, Manieren - vielfach in sich verbittert - psychologische Schilderung - z. B. Sonnenwirt bei Schiller ["Der Verbrecher aus verlorener Ehre"]. Verstehen kann man es wohl, aber nicht rechtfertigen -
Zusatz. Die einzelne Person ist allerdings ein Untergeordnetes, das dem sittlichen Ganzen sich weihen muß. Wenn der Staat daher das Leben fordert, so muß das Individuum es geben, aber darf der Mensch sich selbst das Leben nehmen? Man kann das sich Töten zuvörderst als eine Tapferkeit ansehen, aber als eine schlechte von Schneidern und Mägden. Dann kann es wiederum als ein Unglück betrachtet werden, indem Zerrissenheit des Inneren dazu führt. Aber die Hauptfrage ist: habe ich ein Recht dazu? Die Antwort wird sein, daß ich als dies Individuum nicht Herr über mein Leben bin, denn die umfassende Totalität der Tätigkeit, das Leben, ist gegen die Persönlichkeit, die selbst diese unmittelbar ist, kein Äußerliches. Spricht man also von einem Recht, das die Person über ihr Leben habe, so ist dies ein Widerspruch, denn es hieße, die Person habe ein Recht über sich. Dieses hat sie aber nicht, denn sie steht nicht über sich und kann sich nicht richten. Wenn Herkules sich verbrannte, wenn Brutus sich in sein Schwert stürzte, so ist dieses das Benehmen des Heroen gegen seine Persönlichkeit; aber wenn vom einfachen Recht, sich zu töten, gehandelt wird, so darf dies auch den Heroen abgesprochen werden.
351) "dessen Natur nur als existierend begriffen werden kann"
362) *[handschriftlich:] d. h. den ein anderer davon machen kann.
373) *[handschriftlich:] d. i. jener
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